Der IRONMAN Schweden ist nun schon über zwei Wochen her aber erst jetzt komme ich dazu meinen Blog fertig zu schreiben. Die Woche nach dem Wettkampf habe ich im Urlaub mit der Familie in Schweden zur körperlichen und mentalen Erholung genutzt. Zurück daheim hatte uns auch schon der Trainings- und Arbeitsalltag wieder. Da meine kleine Tochter heute krank geworden ist und so nicht in die Kita gehen kann, darf ich einen Tag mit Ihr zuhause verbringen und habe etwas Zeit den Wettkampfbericht zu vollenden…
8:42 – 8:27 – 8:03 … Wow! Natürlich hatte ich vorweg davon geträumt möglichst nah an die 8h-Marke heranzukommen. Dass meine dritte Langdistanz im Ziel bereits so schnell vorbei ist, habe ich aber nicht wirklich erwartet. Bei der letzten Austragung des Rennens hätte diese Zeit zum Sieg gereicht und weniger als 14 Minuten Rückstand auf den Sieger bei den meisten anderen IRONMAN Wettkämpfen für mindestens eine Top5-Platzierung. An diesem Tag war es leider “nur” gut genug für den achten Platz.
Die Startliste für den IRONMAN Schweden war groß und gespickt mit einigen Top-Namen. Tatsächlich sprangen 40 Profi-Männer am Wettkampfmorgen in die knapp 19 Grad warme Ostsee. Das Schwimmen verlief nahezu perfekt. Ich konnte mich in der großen Verfolgergruppe positionieren und mit gut drei Minuten Rückstand auf die Spitzengruppe aus dem Wasser steigen. Die günstige Strömung auf der zweiten Hälfte der Strecke schenkte uns sicher ca. 1:30 min, denn eine Schwimmzeit von 48:43 min ist für mich außergewöhnlich schnell.
Beim Radfahren fand ich direkt gut in Tritt und machte zusammen mit dem späteren Sieger Boris Stein Tempo. Ein Großteil der Gruppe hing uns im Nacken, was mir natürlich nicht wirklich passte. Ab Km 12 war ich an der Spitze der Gruppe und gab diese erstmal nicht mehr ab. Auch als ich das Tempo etwas reduzierte wollte niemand die Arbeit im Gegenwind übernehmen… also das gleiche Spiel wie immer. Nach ca. 30 km führt die Radstrecke in einer kleinen Schleife mit einigen 90-Grad-Kurven durch das Örtchen Mörbylanga auf der Insel Öland. Ich nutzte diesen Abschnitt für eine Attacke und konnte eine Lücke reißen. Leider fuhr Boris diese wieder zu und der Rest der Gruppe folgte ihm. Mir war bewusst einen Radfahrer vom Kaliber eines Boris Stein nicht abschütteln zu können, ich hoffte aber, dass er direkt mitgehen würde. Also weiter in vorheriger Konstellation im Gegenwind Richtung Degerhamn, dem südlichsten Punkt der Radstrecke. Von dort an sollte es erst Richtung Osten, später Richtung Norden gehen. Das bedeutete, Seiten- und Rückenwind, der den Windschatteneffekt verkleinern und die Chance auf ein Wegkommen vergrößern sollte. Genau das dachte wohl auch Boris, überholte mich und attackierte im kleinen Anstieg in Degerhamn. Ich ging erstmal mit, musste aber in der kurz darauf folgenden Verpflegungsstelle etwas aufnehmen und verlor den Anschluss. Ich entschied mich, die Lücke nicht auf Krampf zu schließen, sondern mein eigenes Tempo weiterzufahren. Immerhin war ein Großteil der Gruppe abgehängt, nur der Australier Matt Burton folgte mir im fairen Abstand.
Nach ca. 90 km konnte ich mich auch von ihm langsam absetzen, nach ca. 100 km überholte ich Igor Amorelli und Dennis Chevrot, nach ca. 125 km Gulio Molinari, große Namen – ich wusste, ich lag gut im Rennen. Bei Km 150 kommt man zum letzten Wendepunkt der Strecke. Ich sah das Führungsfahrzeug und dahinter Boris, anschließend den Schweden Karl-Johan Danielsson und dann…. nichts! Ich war Dritter und fühlte mich gut, es hätte bis hierhin nicht viel besser laufen können. Die letzten 30 km waren dank Gegenwind zwar nicht mehr die schnellsten, trotzdem bog ich nach genau 5 Stunden Wettkampfzeit und der zweitschnellsten Radzeit (4:09:49 h) noch immer an Position drei liegend in die Wechselzone. Da ich in den sozialen Medien bereits einige Kommentare diesbezüglich lesen konnte: nein die Radstrecke war nicht maßgeblich zu kurz. Nach meiner Garmin-Aufzeichnung 179,5 km und ca. 600 hm, also verhältnismäßig genau vermessen. Und für alle, die es interessiert: Meine Durchschnittsleistung betrug SRM-gemessene 304 W (NP 309 W) und die Geschwindigkeit 43,2 km/h.
Die ersten Laufkilometer gingen locker und zügig vorbei, unterbrochen nur von einer kurzen Pinkelpause. Ich versuchte mich gut zu verpflegen und nicht zu überziehen, das klappte in der ersten Runde sehr gut. Zwar musste ich den schnellen Dänen Mathias Petersen ziehen lassen, überholte aber den noch vor mir liegenden Schweden und befand mich weiterhin auf Platz drei. Der Halbmarathon war nach knapp 1:25 h erledigt, noch voll im Plan aber es wurde schwer. Nach 24 km überholten mich zwei Athleten, nach 28 km ein weiterer. Jetzt war ich richtig im Tief, sowohl mental als auch körperlich. Eben noch auf dem Podium, jetzt nur noch auf Platz 6. Ich versuchte mich weiter gut zu verpflegen, immer im Laufschritt zu bleiben und motivierte mich an der, immer noch, hervorragenden Zeit. Auch, wenn ich immer wieder kleine Schwächeanfälle hatte, funktionierte das einigermaßen gut. Zwei schnell laufende Spanier musste ich leider noch passieren lassen, bevor ich schließlich als 8. das Ziel erreichte. (Die Laufstrecke war übrigens ganz genau vermessen!)
Ich durchlebte einen Mix von Emotionen. Einerseits eine tiefe Enttäuschung über die “schlechte” Platzierung, auf der anderen Seite die Freude über die geniale Zeit und der Stolz mich durch die vielen schweren Momente gekämpft zu haben.
Nüchtern betrachtet habe ich meine Minimalziele, Preisgeldrang (Top10) und Verbesserung meiner Bestzeit, geschafft. Beim Schwimmen konnte ich mich, für meine Verhältnisse, perfekt positionieren und beim Radfahren mit einer konstanten Leistung eine extrem schnelle Zeit abliefern, auch wenn ich hier taktisch, mal wieder, den ein oder anderen Fehler gemacht habe. Meine Ernährungsstrategie hat gepasst und ich hatte in der Hinsicht keinerlei Probleme.
Leider habe ich es nicht geschafft meine gute Laufform im Marathon umzusetzen. Ich habe in der Vorbereitung einige vielversprechende Einheiten absolviert, aber IRONMAN bleibt eben IRONMAN und was auf den letzten 20 km passiert, das kann man einfach nicht trainieren. Zudem schleppte ich wohl schon eine Zahn-Entzündung mit mir herum, denn in den Tagen nach dem Rennen bekam ich starke Schmerzen und musste mich einer umfangreichen Behandlung unterziehen. Das soll natürlich keine Ausrede sein, aber leistungsfördernd war es nach Aussage meines Arztes sicher nicht.
Wie geht es jetzt weiter? Schon vor vielen Jahren hatte ich das Ziel “Kona 2020” vor Augen. Im Alter von 30 Jahren wollte ich meine erste Hawaii-Qualifikation schaffen. Mit der Leistung aus Kalmar im Rücken ist dieses Vorhaben nun definitiv realistisch und ich werde in den kommenden Monaten alles daran setzen es zu erreichen. Den ersten Versuch einer frühzeitigen Qualifikation werde ich beim IRONMAN Barcelona am 6. Oktober unternehmen.
Jetzt kümmere ich mich erstmal um das Mittagessen für meine Tochter und danach wieder um mein eigenes Training! 😉
P.S.: Für alle, dies interessiert, im Folgenden noch eine kurze Zusammenfassung über das, was vor der Langdistanz in Schweden Wettkampf-technisch passiert ist:
Vor dem IRONMAN in Kalmar hatte ich drei weitere Mitteldistanzen absolviert. Beim Chiemsee Triathlon wurde ich nach einer extremen Hitzeschlacht guter 4., leider fehlten wieder nur wenige Sekunden aufs Podium. Nach dem Rennen war ich schnell erholt und entschied mich noch beim IRONMAN 70.3 Schweden in Jönköping an den Start zu gehen. Allerdings machten sich die vielen Wettkämpfe und wahrscheinlich auch der krasse Wetterunterschied im Vergleich zum Chiemsee (über 35 Grad – maximal 15 Grad) bemerkbar. Beim Laufen fehlte mir etwas die Frische und es reichte in einem starken Feld “nur” zu Platz 6.
Anschließend entschied ich mich meinem Körper ein paar Tage Regeneration zu gönnen und nicht direkt das Training für den ursprünglich geplanten IM Hamburg aufzunehmen sondern erst beim drei Wochen später stattfindenden IM Schweden meine nächste Langdistanz zu absolvieren. Einen Tag vor Hamburg startete ich stattdessen beim Müritz Triathlon über die Mitteldistanz und konnte diesen souverän nach 3:29 h gewinnen. Damit schrammte ich nur hauchdünn am uralten Streckenrekord vorbei und war sogar schneller als die Raelert-Brüder, welche beide dieses Rennen in den vergangenen Jahren absolviert haben.
Am nächsten Tag fuhr ich trotzdem nach Hamburg und schlüpfte in die Rolle des Supporters um meine Athleten Martin und Gunnar zu unterstützen. Martin holte sich an dem Tag nicht nur seinen ersehnten Hawaii-Slot, Platz drei in seiner Altersklasse bedeute zudem den Deutschen Meistertitel bei den 40-44jährigen! Somit habe ich die Hawaii-Qualifikation zuerst als Trainer geschafft, jetzt gilt es natürlich als Athlet nachzulegen. 😉