Haste Scheiße am Fuß!”
Dieser alten Fußball- Weisheit blieb ich – unfreiwillig – auch beim IRONMAN 70.3 Aarhus/ Dänemark treu. Immerhin steht nach großem Kampf am Ende mit Platz 8 immer noch ein recht ordentliches Ergebnis zu Buche.
Die ganze Geschichte:
Mit viel Vorfreude und Selbstvertrauen aus den sehr vielversprechenden letzten Trainingseinheiten fuhr ich am Freitag nach Dänemark, das mich typisch skandinavisch kühl und stürmisch empfing. Um nach der ca. 700km langen Fahrt den Kreislauf wieder in Schwung zu bringen, war der Test der Schwimmstrecke genau richtig: Das wunderbar klare Wasser der Ostsee hatte zu dem Zeitpunkt nur ca. 14 Grad.
Schon der Samstag verlief dann aber suboptimal. Die obligatorische kurze Radeinheit am Wettkampf-Vortag war schon nach 20km durch einen Platten im Scheibenrad vorbei. Ein Riss in der Reifenwand, da half auch die Dichtmilch nicht mehr sondern nur noch eine sündhaft teure Taxifahrt zurück ins Hotel. Ein neuer Reifen war dann aber schnell geklebt und ich sah es als gutes Zeichen im Rennen verschont zu bleiben.
Am Sonntagmorgen hielt das Wetter dann blauen Himmel, kühle Temperaturen und den gewohnt stürmischen Wind parat. Das Wasser hatte sich auf knapp über 16 Grad erwärmt (das kann durch den starken Wind und die Strömungen in der Aarhus Bucht sehr schnell gehen) und somit waren logischerweise auch die vollen 2km zu schwimmen.
Auf dem langgezogenen rechteckigen Kurs kam ich relativ schwer in Schwung und so ein richtiges Wassergefühl wollte sich nicht einstellen, dennoch kam gut vorwärts und führte eine Dreiergruppe an. Der Rückweg war durch den ablandigen Wind doppelt schwer zu schwimmen aber immerhin bedankten sich meine beiden Begleiter dann für meine Führungsarbeit und schwammen zumindest auf den letzten 500m vorneweg. Mit 2:50 min Rückstand auf den Superschwimmer Rasmus Petræus und ca. 2,5 min auf dessen ersten Verfolger war ich als 9. noch voll in Schlagdistanz und freute mich auf die Jagd über den Radkurs.
Nach dem langen Sprint durch die Wechselzone schwang ich mich aufs Rad und… rutschte auf der noch leicht feuchten Straße weg und legte mich erstmal auf meinen Allerwertesten. Kein Stress, dachte ich, wieder rauf und weiter. Dachte ich! Denn das Rad war so unglücklich gefallen, dass es den Lenker völlig verdreht hat. Fest genug angezogen war er definitiv, denn ohne die Schrauben zu lockern bewegte sich gar nichts.
Etliche erfolglose Versuche später saß ich resignierend und den Tränen nahe am Bordstein, denn ich hatte mittlerweile schon eine Menge Zeit verloren und etliche Konkurrenten vorbei ziehen sehen müssen. Auch Rufe nach Bike Support und Werkzeug waren nicht hilfreich. Allerdings wollten mich die Unmengen an Zuschauern nicht aussteigen lassen und schließlich fand sich jemand der extra für mich zu seinem Auto sprintete und mir den benötigten Imbus holte. Ich konnte es dann relativ zügig reparieren, wollte endlich los, konnte aber nicht, da sich die Kette auch noch unheimlich verklemmt hatte… Murphys Laws Nr. 1! Wie ich im Nachhinein bei der Auswertung des Garmin Computers sehen konnte, hat mich die gesamte Aktion reichlich 6 min gekostet!!
Dann endlich am Rad donnerte ich los und fuhr mir den Frust von der Seele. Auf den ersten ca. 25 km, wo einen der stürmische Wind meist direkt ins Gesicht blies, hatte ich ständig eine 4 als erste Ziffer auf dem Wattmesser stehen – wenn das mal gut geht. Ich konnte überraschend schnell den starken Radfahrer und super Läufer Mads Vittrup und auch einige andere Athleten ein und gleich überholen. 2012 war dieser noch schneller gefahren als ich, ich muss also gut unterwegs gewesen sein. Bis km 80 war es dann ein sehr einsames Rennen. Ich habe zwar nicht wirklich erwartet nach diesem riesen Rückstand Leute aus der Spitze einholen zu können, trotzdem war es äußert deprimierend. Langsam bekam ich etwas mein brutales Anfangstempo zu spüren, hielt die Geschwindigkeit aber trotzdem hoch. Die durchschnittliche Wattleistung war so hoch wie nie zuvor in einer Mitteldistanz. Die vielen technischen Passagen des Kurses nahm ich souverän aber ohne Risiko. Ca. 10km vor dem Wechsel sah ich dann sogar noch Rasmus Petræus vor mir und konnte mich auch hier gleich absetzen.
Schon beim Laufen durch die Wechselzone spürte ich deutlich, dass mein linker zweiter Zeh bei dem kleinen Sturz etwas abbekommen hat. Mein Wechselbeutel war dann zu allem Überfluss auch noch gut versteckt und ließ sich Zeit bis er sich zeigte Murphys Law Nr. 2.
Zu Beginn des Laufs hatte ich etwas über 30sec Rückstand auf den vor mir laufenden Platz fünf. Jetzt hatte ich mir es am Rad schon richtig gegeben, jetzt konnte ich also auch gleich weitermachen. Ich schlug ein hohes Tempo an und schob mich nach drei km bereits auf Platz fünf. Selber wurde ich aber mittlerweile auch von den starken Läufern Petræus und Vittrup gejagt. Körperlich ging es mir noch relativ gut, allerdings wurden die Schmerzen im Zeh mittlerweile immer stärker. Ende der zweiten von drei Runden habe ich mich dann leider auch meinen beiden Verfolgern beugen müssen. In der letzten Runde wusste ich dann teilweise nicht mehr wie ich mit dem linken Fuß auftreten sollte und konnte keinen sauberen Laufschritt mehr durchziehen. Trotzdem habe ich mich noch irgendwie in den Top8 ins Ziel gerettet…
Es überwiegt natürlich in erster Linie die Enttäuschung. Ohne den Zwischenfall hätte ich mit gesunden Füßen um die Plätze auf dem Podium mit gekämpft. Aber ein kleiner Stolz, das Rennen unter diesen Umständen noch so durchgezogen zu haben bleibt auch!
Und so versuche ich, auch wenn es sehr schwer fällt, das Positive mitzunehmen in die nächsten Rennen. Zumindest den Titel “Triathlon-Pechvogel des Jahres” kann mir wohl jetzt keiner mehr nehmen.
Noch ein paar Wörter zu Aarhus. Wie schon bei meinem ersten Besuch habe ich mich hier gleich wieder super wohl gefühlt. Die Menschen sind wahnsinnig sportbegeistert, man hatte das Gefühl das jeder Einwohner, der nicht selbst am Start war, lautstark die Athleten an der Strecke unterstützte.
Die Wettkampfstrecken sind herzlich aber hammerhart. Flach ist es so gut wie gar nicht. Wenn der Kraichgau das “Land der 1000 Hügel” ist, ist Aarhus das Land der 10 000 Hügel und so kommen auch hier, im ach so flachen Dänemark, 1000 hm auf der Radstrecke zu Stande. Auch auf der abwechslungsreichen Laufrunde durch Stadt, Stadion und Park ist es nur auf dem einem Kilometer auf der Küstenstraße flach.
Aarhus ist und bleibt eines meiner Lieblingsrennen, Ich mag Dänemark, deshalb komme ich zum KMD IRONMAN 70.3 Kronborg wieder.